3.
Die Rechtsprechung zu §§ 31 ff. SGB II
Im Bereich des SGB II ist bislang keine
solche Reaktion infolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum
Asylbewerberleistungsgesetz zu verzeichnen. Allerdings erscheint dort eine
vergleichbare verfassungskonforme Auslegung der §§ 31 ff. SGB II auch nicht
möglich.
Zur Unmöglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung s. Vorlageantrag unter 3.
Einige Sozialgerichte
und Landessozialgerichte halten jedoch die Sanktionierung um 100 % für
verfassungswidrig, wenn dadurch das „physische
Existenzminimum des Hilfebedürftigen nicht mehr gesichert ist und der Grundsicherungsträger
nicht zugleich ergänzende
Sachleistungen oder
geldwerte Leistungen gewährt“:
so SG Berlin vom 19.8.2009 –
S 26 AS 5380/09, juris Rn. 29 f., im Anschluss an Landessozialgericht Berlin
10. Senat vom 16. Dezember 2008 - L 10 B 2154/08 AS ER-, Rn. 10); vgl. auch LSG
Niedersachsen, Beschluss vom 21.4.2010 – L 13 AS 100/10 B ER, Rn. 7 f.
Von den meisten Sozialgerichten werden die §§ 31 ff. SGB II
indes schlicht ohne Erörterung angewendet, d. h. offenbar für verfassungsrechtlich unproblematisch
erachtet. Eine nähere Begründung und entsprechend eine argumentative Auseinandersetzung mit der vorgebrachten
verfassungsrechtlichen Kritik erfolgt dabei meist nicht.
Auch das Bundessozialgericht sah jedenfalls bis 2010
keine Bedenken bei der Anwendung von Sanktionen, wenn Sachleistungen angeboten worden sind und von diesen auch
tatsächlich Gebrauch gemacht worden ist. Entsprechend hat es die Entscheidung für entbehrlich gehalten, ob die
bestehenden Sanktionsmöglichkeiten „als
ein dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns genügender
Ausdruck der verfassungsrechtlich bestehenden Selbsthilfeobliegenheit als Kehrseite der Gewährleistungspflicht des Staates anzusehen
sind.“
BSG, Urteil vom 9.11.2010 – B
4 AS 27/10 R, juris Rn. 34.
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