Samstag, 20. Juli 2013

Antrag; bb) Verfassungsgerichtliche Kontrolle des Grundrechts


bb) Verfassungsgerichtliche Kontrolle des Grundrechts

Sowohl das Ausgestaltungsverfahren durch den Gesetzgeber, als auch der Umfang des Grundrechts unterliegen der verfassungsgerichtlichen Kontrolle.

Das Bundesverfassungsgericht prüft zunächst, ob der Gesetzgeber „die erforderlichen Tatsachen im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt“ hat und ob sich das Berechnungsverfahren nachvollziehen lässt:

BVerfG, 1 BvL 1/09 vom 9.2.2010, Abs.-Nr. 143.

Aufgrund eines Verstoßes gegen dieses Verfahren hat das Bundesverfassungsgericht sowohl die alten Regelsätze als auch die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für verfassungswidrig erklärt. Denn die Leistungshöhe war

„weder nachvollziehbar berechnet worden noch ist eine realitätsgerechte, auf Bedarfe orientierte und insofern aktuell existenzsichernde Berechnung ersichtlich.“ [Hervorh. d. Verf.]

BVerfG, 1 BvL 10/10 vom 18.7.2012, Abs.-Nr. 106.

Darüber hinaus nimmt das Bundesverfassungsgericht auch eine Überprüfung der Höhe der zur Deckung des menschenwürdigen Existenzminimums gewährten Leistungen im Wege einer Evidenzkontrolle vor:

vgl. BVerfG, 1 BvL 1/09 vom 9.2.2010, Abs.-Nr. 152 ff.; BVerfG, 1 BvL 10/10 vom 18.7.2012, Abs.-Nr. 107 ff.

Auf diese Weise hat das Bundesverfassungsgericht zuletzt die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für verfassungswidrig erklärt und – wie in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 bereits bezüglich der Leistungen für einen laufenden besonderen Bedarf – übergangsweise selbst (höhere) Leistungen festgesetzt:

vgl. BVerfG, 1 BvL 10/10 vom 18.7.2012, Abs.-Nr. 107 ff., 124 ff.

Für den Regelsatz nach den alten SGB-II-Normen hatte es hingegen eine evidente Unterschreitung nicht festgestellt,

„weil die Regelleistung zur Sicherung der physischen Seite des Existenzminimums zumindest ausreicht und der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der sozialen Seite des Existenzminimums weiter ist.“

BVerfG, 1 BvL 1/09 vom 9.2.2010, Abs.-Nr. 152.

Die hier durch das Bundesverfassungsgericht vorgenommene Trennung in ein physisches und soziokulturelles Existenzminimum ist nur in zweierlei Hinsicht von Bedeutung. Zum einen räumt es dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des physischen Existenzminimums einen engeren Gestaltungsspielraum ein als bei der Regelung der soziokulturellen Teilhabe,

vgl. BVerfG, 1 BvL 1/09 vom 9.2.2010, Abs.-Nr. 138.

Zum anderen hat das Bundesverfassungsgericht offenbar die Evidenzkontrolle bezüglich des Leistungsumfangs des einheitlichen Grundrechts zum Zeitpunkt seiner „Regelsatz-Entscheidung“ (ggf. mangels anderweitiger Daten) nur am physischen Existenzminimum orientiert:

vgl. BVerfG, 1 BvL 1/09 vom 9.2.2010, Abs.-Nr. 152.

 

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