bb) Verfassungsgerichtliche Kontrolle des Grundrechts
Sowohl das Ausgestaltungsverfahren durch den Gesetzgeber,
als auch der Umfang des Grundrechts unterliegen der verfassungsgerichtlichen Kontrolle.
Das
Bundesverfassungsgericht prüft zunächst, ob der Gesetzgeber „die erforderlichen Tatsachen im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt“
hat und ob sich das Berechnungsverfahren nachvollziehen lässt:
BVerfG, 1 BvL 1/09 vom 9.2.2010, Abs.-Nr. 143.
Aufgrund
eines Verstoßes gegen dieses Verfahren hat das Bundesverfassungsgericht sowohl die
alten Regelsätze als auch die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
für verfassungswidrig erklärt. Denn die Leistungshöhe war
„weder
nachvollziehbar berechnet worden noch ist eine realitätsgerechte, auf Bedarfe orientierte und insofern aktuell existenzsichernde
Berechnung ersichtlich.“ [Hervorh. d. Verf.]
BVerfG, 1 BvL 10/10 vom 18.7.2012, Abs.-Nr. 106.
Darüber
hinaus nimmt das Bundesverfassungsgericht auch eine Überprüfung der Höhe der zur Deckung des menschenwürdigen
Existenzminimums gewährten Leistungen im Wege einer Evidenzkontrolle vor:
vgl. BVerfG, 1 BvL 1/09 vom 9.2.2010, Abs.-Nr. 152 ff.;
BVerfG, 1 BvL 10/10 vom 18.7.2012, Abs.-Nr. 107 ff.
Auf diese Weise hat das Bundesverfassungsgericht zuletzt die
Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für verfassungswidrig erklärt
und – wie in seiner Entscheidung vom 9.2.2010 bereits bezüglich der Leistungen
für einen laufenden besonderen Bedarf – übergangsweise
selbst (höhere) Leistungen
festgesetzt:
vgl. BVerfG, 1 BvL 10/10 vom 18.7.2012, Abs.-Nr. 107 ff.,
124 ff.
Für den Regelsatz nach den alten SGB-II-Normen hatte es hingegen eine evidente
Unterschreitung nicht festgestellt,
„weil die Regelleistung zur Sicherung der physischen Seite des
Existenzminimums zumindest ausreicht und der Gestaltungsspielraum des
Gesetzgebers bei der sozialen Seite des Existenzminimums weiter ist.“
BVerfG, 1 BvL 1/09 vom 9.2.2010, Abs.-Nr. 152.
Die hier durch das Bundesverfassungsgericht vorgenommene
Trennung in ein physisches und soziokulturelles Existenzminimum ist nur in
zweierlei Hinsicht von Bedeutung. Zum einen räumt es dem Gesetzgeber bei der
Ausgestaltung des physischen Existenzminimums einen engeren
Gestaltungsspielraum ein als bei der Regelung der soziokulturellen Teilhabe,
vgl. BVerfG, 1 BvL 1/09 vom 9.2.2010, Abs.-Nr. 138.
Zum anderen hat das Bundesverfassungsgericht offenbar die Evidenzkontrolle bezüglich des
Leistungsumfangs des einheitlichen
Grundrechts zum Zeitpunkt seiner „Regelsatz-Entscheidung“ (ggf.
mangels anderweitiger Daten) nur am physischen Existenzminimum orientiert:
vgl. BVerfG, 1 BvL 1/09 vom
9.2.2010, Abs.-Nr. 152.
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